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Salon A – „Europa entscheidet – Entscheidet Europa?“

Branchen News vom 14.05.2014

Wien (OTS) – Zu einer weiteren lebhaften Diskussionsrunde, veranstaltet von Salon A, fanden sich am 12. Mai namhafte Vertreter aus dem Gesundheitswesen zusammen. Im Fokus des interdisziplinären Meinungsaustausches stand das Thema „Europa entscheidet – Entscheidet Europa?“ mit den Ehrengästen Dr. Maria Berger, Richterin beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) und ehemalige Justizministerin und Dr. Helmut Brandstätter, Chefredakteur, DER KURIER. Die Vertreter der Gesellschaft der österreichischen Apotheker konnten dazu erneut hochkarätige Gäste aus Wirtschaft, Justiz und Politik gewinnen.

Was bedeuten EU-Richtlinien für Mitgliedsstaaten? Wie soll ein Mitgliedsstaat EuGH-Entscheidungen umsetzen? Wie schnell muss man auf ein EuGH-Urteil als Staat reagieren? Diese Fragen erörterten die Ehrengäste gemeinsam mit den anwesenden Apothekern beim Salon A.

Der Europäische Gerichtshof, kurz EuGH, mit Sitz in Luxemburg entscheidet in zahlreichen gemeinschaftsrechtlichen Verfahren, die direkt oder indirekt dem Schutz der Rechte der Unionsbürger und der europäischen Rechtsordnung dienen. Die Aufgaben des Europäischen Gerichtshofs bestehen in der Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Handlungen der Union sowie der Gewährleistung einer einheitlichen Auslegung und Anwendung des Unionsrechts. Diese betreffen Vertragsverletzungsverfahren, Nichtigkeitsverfahren, Vorabentscheidungsverfahren, wettbewerbsrechtliche Verfahren, Steuerrecht, Umwelt-und Konsumentenschutz, Asylrecht und Familienrecht. „Jeder Staat ist verpflichtet, eine Richtlinie innerhalb eines bestimmten Zeitraumes in nationales Recht umzusetzen. Setzt ein Mitgliedstaat eine bestimmte Richtlinie nicht, mangelhaft oder falsch um, klagt die Kommission als Hüterin der Verträge den jeweiligen Mitgliedstaat“, erläuterte Dr. Berger.

„Europa entscheidet!“

Dr. Maria Berger beschrieb den EuGH als eine arbeitsteilige, politisch komplexe Organisation, bei der die Entscheidungsfindung anfänglich an einem runden Tisch mit einigen wenigen Richtern erfolgte. Heute sind insgesamt 28 Richter, die in verschieden großen Kammern für die Entscheidungen zuständig sind. „Für einen Durchschnittsbürger scheinen die Entscheidungssysteme innerhalb der EU nicht leicht verständlich. Zuständigkeiten sind oft unklar und Wege und Pfade komplex und schwer nachvollziehbar“, so Mag. Corinna Prinz-Stremitzer, Obfrau-Stellvertreterin des Salon A.

Transparenz, Sachinformation, Vertrauen und Sicherheit für ein vereintes Europa

Der Europäische Gerichtshof hat mit dem Urteil von Februar 2013 zur apothekenrechtlichen Bedarfsprüfung in Österreich zunächst festgestellt, dass diese auf objektiven und nichtdiskriminierenden Kriterien beruht. Allerdings erklärt er das Kriterium der ausnahmslos starren Grenze der Bedarfsprüfung für deshalb unionsrechtswidrig, weil das Apothekengesetz den Behörden keine Möglichkeit einer Abweichung bei örtlichen Besonderheiten einräumt. Zurzeit herrscht eine gewisse Unsicherheit, da unsere österreichischen Gesetze nicht exakt wiedergeben, was aufgrund der EuGH-Entscheidung gefordert wird. „Mein Anliegen ist es zu vermitteln, dass die EU in Entscheidungen eine wichtige Rolle spielt. Mir ist nicht verständlich, woher dieses ‚Fremdeln‘ gegenüber der EU kommt. Es wäre wichtig, die Skepsis der Bürger mit Transparenz und Sachinformation zu bekämpfen“, so Dr. Berger.

„Entscheidet Europa?“

Dr. Helmut Brandstätter beurteilte das Spannungsfeld zwischen europäischen Entscheidungen und deren Umsetzung auf nationalstaatlicher Ebene auf innen- und europapolitischer Bühne aus medialer Sicht. Er sprach sich für ein gemeinschaftliches Interesse an Europa aus, das essenziell ist, um Teil eines starken Europas zu werden. „Populisten finden immer Zeit und Platz in den Medien und offene Ohren bei den Menschen. Sie reduzieren die EU auf Schlagworte wie Gigantismus, Reglementierungs- und Bevormundungswut. Man muss die Marke der EU stärken, die Qualität hervorheben und das Vertrauen sichern“, so Dr. Brandstätter. „Diese Werte sind auch für den Selbstwert für uns Apotheker äußerst wichtig und sie funktionieren, auf alle Branchen umgelegt. Das scheinbar fehlende Gespür für nationalstaatliche Eigenheiten Interessen tritt dadurch in den Hintergrund“ fügte Mag. Dr. Ulrike Mursch-Edlmayr, Obfrau des Salon A hinzu. Dr. Brandstätter führte weiters aus, dass sich junge Österreicher in der EU zwar frei und flexibel bewegen, aber keine Bezugsfiguren kennen. Daher benötigt die EU Identifikationsfiguren – branchenübergreifend und grenzüberschreitend. Putin agiert laut Brandstätter bei der Umsetzung seiner Vision einer eurasischen Union geschickt. Wir Europäer aber haben Mühe uns mit Herzblut zur EU zu bekennen. „Früher haben unsere Väter und Großväter aufeinander geschossen – heute arbeiten deren Söhne und Töchter in der Europäischen Union friedvoll auf hohem Niveau zusammen und dies muss uns zu denken geben.“

Jede Nation sollte ihre besten Vertreter in die EU entsenden. Alle Diskutanten, Ehrengäste wie auch anwesende Gäste aus Apothekerschaft, Politik und Wirtschaft, bekennen sich zu einem hohen und auch legitimierten Machtzuwachs des Europäischen Parlaments. Was bedeutet das auf nationaler Ebene? Es könnte einen Machtverlust der nationalen Parlamente mit sich bringen, gleichzeitig aber eine Stärkung der Regionen auf nationaler Ebene führen.

Die in dieser Presseinformation verwendeten Personen- und Berufsbezeichnungen treten der besseren Lesbarkeit halber nur in einer Form auf, sind aber natürlich gleichwertig auf beide Geschlechter bezogen.