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Apotheken auf wirtschaftlicher Talfahrt

Branchen News vom 21.02.2014

2013 Reales Umsatzminus und Spannenrückgang – Weniger neue Arbeitsplätze – Honorierung neuer Dienstleistungen notwendig

Wien (OTS) – Im Vorjahr schlug der Österreichische Apothekerverband Alarm, weil stagnierende Kassenumsätze und sinkende Kassenspannen die Apotheken in Bedrängnis brachten. Die wirtschaftliche Talfahrt setzte sich 2013 fort und bescherte den Apotheken sowohl einen weiteren Spannenrückgang als auch ein reales Umsatzminus. Die als verlässliche Arbeitgeber bekannten ApothekerInnen sind nun erstmals gezwungen, im Personalbereich zu reagieren.

„Die angespannte Erlös- und Spannensituation führt dazu, dass von den Apotheken weniger pharmazeutisches Personal nachgefragt wird“, sagt Dr. Christian Müller-Uri, Präsident des Österreichischen Apothekerverbandes. Wurden im Jahr 2010 noch mehr als 130 neue PharmazeutInnen gesucht, so waren es im Jahr 2013 weniger als 30. Insgesamt beschäftigen die 1.340 Apotheken 16.000 MitarbeiterInnen, davon 5.600 PharmazeutInnen.

Reales Umsatzminus und Spannenrückgang

Die wirtschaftliche Situation der heimischen Apotheken hat sich im Laufe der vergangenen Jahre vor allem durch den Apothekenbeitrag zur finanziellen Gesundung der Krankenkassen zusehends verschlechtert. Seit 1995 haben die Apotheken insgesamt 1,72 Milliarden Euro zur Sanierung der Krankenkassen beigetragen und sind dabei selbst immer stärker unter Druck geraten. Während die Krankenkassen 2013 einen satten Überschuss von über 186 Millionen Euro erzielten, fiel das Geschäftsjahr 2013 für die Apotheken dementsprechend unerfreulich aus.

Der Kassenumsatz – also jener Umsatz, der mit Arzneimitteln erzielt wird, die von Ärzten auf Kassenrechnung verschrieben werden – war real betrachtet rückläufig. Dieser Umsatz macht rund 70 % des Gesamtumsatzes einer Apotheke aus und stieg 2013 nominell um 1,1 % auf insgesamt 2,334 Mrd. Euro (2012: 2,309 Mrd. Euro). „Bei einer Jahresinflationsrate von 2,0 % bedeutet das einen realen Umsatzrückgang von 0,9 %.“, erläutert Mag. Paul Hauser, Vizepräsident des Österreichischen Apothekerverbandes.

Für das reale Umsatzminus ist neben den Einsparungen im Kassenbereich auch der verstärkte Einsatz der billigeren Generika verantwortlich. 2013 liefen rund 30 weitere Originalpatente aus. Allein die Top-6 der ausgelaufenen Originale verzeichneten 2012 laut IMS Health in Österreich einen Umsatz von 65 Millionen Euro.

Kassenspanne sinkt auf Tiefststand

Was die Apotheken allerdings vollends an ihre wirtschaftliche Leistungsgrenze bringt ist die sinkende Kassenspanne – also die Ertragsspanne bei den Kassenumsätzen – die seit 2007 um 12,6 % auf magere 17,03 % im Jahr 2013 sank und damit einen neuen Tiefststand markiert!

Beispiel: Von 10 Euro, die ein Apotheker im Kassenbereich einnimmt, blieben ihm im Jahr 2007 1,95 Euro als Spanne und im Jahr 2013 nur mehr 1,70 Euro. Damit muss er alle Kosten abdecken, die laufend steigen: Personal, Miete, Strom, EDV, aber auch Wochenend- und Nachtdienste, die der Allgemeinheit zu Gute kommen.

Finanzierungsprobleme werden größer

Die rückläufigen Spannen machen es immer schwieriger, die Apothekenbetriebe zu finanzieren. Die aktuelle Studie der KMU Forschung Austria (mit den Zahlen aus dem Geschäftsjahr 2012) zeigt auf, dass die Apotheken im Vergleich mit anderen Einzelhandelsbranchen die niedrigste Handelsspanne aufweisen. Mit 28,4 % Handelsspanne bilden sie das Schlusslicht.

Die angespannte Ertragssituation bringt etliche Apotheken an den Rand der Existenz. Laut KMU weisen 29 % aller Apotheken eine negative Umsatzrentabilität auf und sind in die Verlustzone geschlittert. Mag. Sven Abart, Direktor des Apothekerverbandes: „Das ist bereits jede dritte Apotheke.“ Hinzu kommt, dass die Eigenkapitalquote der Apotheken auf mittlerweile dramatische 4,2 % gesunken ist und die Bankverschuldung 57,3 % beträgt. Abart: „Das lässt keinen Handlungsspielraum mehr zu.“

Best Point of Service

„Dennoch sind die Apotheken der Best Point of Service in Fragen zur Gesundheit und bieten ein breites Spektrum an Dienstleistungen an“, sagt Präsident Müller-Uri. Dazu zählen neben der Arzneimittelberatung die Gesundheitsberatungen, das Messen von Gesundheitswerten, die Drogensubstitution, die Wochenend- und Nachtdienste und der Apothekenruf 1455, der bereits über 150.000 Menschen geholfen hat. Neue honorierte Dienstleistungen

Neu hinzu kommen in Zukunft Gesundheits-Dienstleistungen, die das Gesundheitssystem entlasten. Die neuen Services werden soeben erst definiert und sollen letztlich auch extra honoriert werden. Im Zentrum dieser Entwicklung steht das so genannte Medikationsmanagement, bei dem die Medikation eines Patienten genau analysiert und optimiert wird. In der Schweiz läuft diese Dienstleistung unter dem Namen „Polymedikations-Check“ und wird pro Check mit rund 50 Euro beglichen. Weitere Dienstleistungen in der Pipeline sind die Betreuung chronisch Kranker (Disease-Management) und Vorscreening-Aktionen, um frühzeitig Volkskrankheiten zu erkennen.

Appell an die Politik

Der Apothekerverband appelliert nunmehr an die Gesundheitspolitik, die Apotheken im Zuge der Gesundheitsreform stärker in den Prozess der Gesundheitsnahversorgung einzubinden. Neue Dienstleistungen, für die sich das flächendeckende Apothekennetz bestens eignet wie etwa das Medikationsmanagement, die Betreuung chronisch Kranker und bundesweite Vorscreening-Aktionen sollen gefördert und honoriert werden. Das entlastet sowohl die Apotheken als auch das gesamte Gesundheitssystem.

Müller-Uri: „Unsere problematische betriebswirtschaftliche Situation lässt sich nur meistern, wenn die Apotheken nicht durch Sparmaßnahmen belastet werden und wenn neue Dienstleistungen in den Apotheken von den Krankenkassen honoriert werden.“

Apothekerverband auf einen Blick

Der Österreichische Apothekerverband ist die wirtschaftliche und politische Interessenvertretung der selbständigen Apotheker. Seine Aufgabe ist es, die Interessen seiner Mitglieder zu bewahren, durchzusetzen und in der Öffentlichkeit zu vertreten. Darüber hinaus unterstützt der Apothekerverband seine Mitglieder bei unternehmerischen Aufgaben. Er entwickelt Strategien und zeigt Problemlösungen auf, um die Position der Apotheker als freie und unabhängige Unternehmer zu festigen und auszubauen.