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Versorgungssicherheit von Medikamenten

Branchen News vom 03.06.2014

Arzneimittelgroßhandel PHAGO fordert den Aufbau einer Transparenzdatenbank sowie die Einrichtung eines Krisenvorrats

Wien (OTS) – Anlässlich der Europäischen Jahrestagung des pharmazeutischen Großhandels in Wien, lud die österreichische Interessenvertretung des Arzneimittelgroßhandels, PHAGO (vormals ARGE Pharmazeutika) zum Pressegespräch.

Die Aufgabe des Großhandels ist es, den nationalen Arzneimittelvorrat sicherzustellen. Was die Versorgungssicherheit von Medikamenten anbelangt, steht der Großhandel seit einiger Zeit vor großen Herausforderungen.

Aktuell kommt es immer wieder zu Lieferschwierigkeiten von teils wichtigen Medikamenten. Die Gründe für diese Lieferschwierigkeiten sind vielfältig. Die Bandbreite reicht von der Konzentration von Fertigungsstätten der Pharmaindustrie, höheren Qualitätsanforderungen bei den produzierten Rohstoffen bis zu Fehleinschätzungen bei der Produktionsplanung.

Mit ein Grund ist auch, dass bereits ein Viertel aller Arzneimittel für den österreichischen Markt von den Herstellern im Ausland gelagert wird.

Innerhalb von 2 Stunden an jedem Ort in Österreich

Andreas Windischbauer, PHAGO Präsident und Vorstandsvorsitzender der Herba Chemosan AG sieht diese Entwicklung kritisch: „Wir tragen die Mitverantwortung dafür, dass die Patienten mit notwendigen Medikamenten rund um die Uhr versorgt werden. Zwei Beispiele, die zeigen, wie wichtig das ist: Eine Apotheke brauchte dringend ein Suchtgift Schmerzpräparat für einen Krebspatienten. Der Expeditleiter schaffte es, das Medikament innerhalb von 2 Stunden zu liefern.

Ein Patient in Straß (Stmk) hatte versehentlich ein Putzmittel aus einer neutralen Flasche getrunken und sich so die Speiseröhre verätzt. Durch eine Expresszustellung eines bestimmten Medikaments von Wien direkt nach Straß konnte dem Patienten geholfen werden.“

In den Betriebsstätten des Großhandels arbeiten 2.000 MitarbeiterInnen, die täglich rund 15.000 Telefonate im Call Center abwickeln. Es lagern dort 50.000 Artikel von mehr als 2.000 Lieferanten. Und pro Monat werden mehr als 20 Millionen Arzneimittelpackungen ausgeliefert.

Die gesetzlichen und rechtlichen Auflagen für den Großhandel sind vor allem in den letzten Jahren stark gestiegen. Die Fahrzeuge für die Auslieferung mussten nach speziellen Vorschriften ausgestattet und die Lager entsprechend adaptiert werden. In den vergangenen 4 Jahren seien damit bis zu 7 Millionen EUR in diesen Bereich der Arzneimittelsicherheit investiert worden, so die Interessengemeinschaft PHAGO, die heuer ihr 60jähriges Bestehen feiert.

Präsident Windischbauer: „Wir schaffen es, innerhalb von 2 Stunden an jedem Ort mit dem benötigten Medikament zu sein. Das ist es, worauf es bei der Versorgungssicherheit ankommt.“

PHAGO fordert einen nationalen Krisenvorrat

Um die aktuellen Lieferschwierigkeiten bei Medikamenten besser ausgleichen zu können, schlägt PHAGO die Einrichtung eines nationalen Krisenvorrats vor.

Heinz Krammer, PHAGO Generalsekretär und Mitglied der Heilmittevaluierungskommission des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger, erklärt: „Für lebenswichtige Heilmittel soll ein nationaler Krisenvorrat angelegt werden, auf den im Falle von Lieferausfällen zurück gegriffen werden kann. Wir verfügen über die entsprechende Erfahrung, wie man einen Krisenvorrat einrichtet und vor allem, wie man diesen pflegt, damit durch Produktabläufe nicht finanzielle Verluste in Kauf genommen werden müssen. Für die Umsetzung dieser Präventivmaßnahme braucht es auch die Unterstützung der öffentlichen Hand.“

Transparenzdatenbank erleichtert Situation bei Lieferengpässen

Und der Arzneimittelgroßhandel PHAGO lässt mit einem weiteren Vorstoß aufhorchen: den Aufbau einer sogenannten Transparenzdatenbank. Was ist darunter zu verstehen? Heinz Krammer: „Geplant ist, dass das jeweilige Pharmaunternehmen bei kurz- oder längerfristigen Lieferschwierigkeiten direkt in die Transparenzdatenbank eingibt, wann das Medikament wieder zur Verfügung steht und was der Grund für den Lieferausfall ist. Dank dieser Informationen kann der Apotheker gemeinsam mit dem verschreibenden Arzt im Falle des Falles ein alternatives Medikament suchen. Wir würden uns wünschen, dass die Transparenzdatenbank ab Herbst starten kann und wir damit einen wesentlichen Beitrag zur Versorgungssicherheit leisten.“

Nach Einschätzung der Apothekerin Alice Wittig würde so ein System eine große Unterstützung für die Apotheker darstellen. „Bei Lieferschwierigkeiten von Medikamenten können wir dem Patienten oft nicht sagen, wann er es bekommt – morgen, übermorgen, in 6 Wochen? In vielen Fällen können wir Alternativen wie zb Magistrale Anfertigungen anbieten. Aber das geht leider nicht immer. Ich würde mir wünschen, dass wir künftig wissen, wann bestimmte Medikamente wieder lieferfähig sind“, beschreibt die Apothekerin aus Heidenreichstein (NÖ) die derzeitige Situation in den Apotheken.

PHAGO – vormals ARGE Pharmazeutika – ist eine freiwillige Interessenvertretung des österreichischen Arzneimittelgroßhandels. PHAGO vertritt konsequent die Prinzipien des Vollsortiments, der Lieferfähigkeit und der Lieferbereitschaft. Unter einem vollständigen Sortiment ist die Lagerhaltung von Arzneimitteln zu verstehen, die dem Apothekenbedarf entspricht. Damit garantiert der pharmazeutische Großhandel auch, dass der nationale Arzneimittelvorrat unabhängig von regionalen und saisonalen Notwendigkeiten stets bereitgestellt werden kann.