ÖÄK-Wechselberger zu weiteren gesundheitspolitischen Themen: Neue Ärzte-Ausbildung – Lehrpraxen-Finanzierung – Primärversorgung auf dem Land sicherstellen
Wien (OTS) – Der Präsident der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK), Artur Wechselberger, nahm heute bei einer Pressekonferenz zu gesundheitspolitischen Themen Stellung, die in der vergangenen Woche auch beim 131. ÖÄK-Kammertag in Geinberg diskutiert worden waren. Dazu zählte der von der ÖÄK scharf abgelehnte Teil des geplanten Sozialbetrugsbekämpfungsgesetzes zum Mystery Shopping in Ordinationen und Ambulanzen, aber auch die Reform der Ärzte-Ausbildung, deren Finalisierung die ÖÄK nun per Verordnung festgelegt hat. Besorgt zeigte sich Wechselberger hingegen über mögliche Eingriffe in den Gesamtvertrag durch das geplante PHC-Gesetz sowie über die medizinische Versorgung auf dem Land, wo Kassenstellen oft unbesetzt bleiben, weil z.B. ärztliche Hausapotheken infolge der Errichtung einer öffentlichen Apotheke nicht mehr betrieben werden dürfen.
Sozialbetrugsbekämpfungsgesetz
Laut Wechselberger ergehen derzeit Briefe an die Nationalratsabgeordneten, in denen die ÖÄK ihre Ablehnung gegenüber jenen Passagen zum Ausdruck bringt, die die Überwachung von Patienten und Ärzten beschreiben. Diese Methoden seien zur Bekämpfung von Sozialbetrug im Bereich der sozialen Krankenversicherung untauglich. Sie würden die Persönlichkeitsrechte der Bevölkerung einschränken, das Arzt-Patienten-Verhältnis und den Vertrauensgrundsatz verletzen. Ordinationen seien Stätten der ärztlichen Hilfe und nicht Spielwiese für Spionageaktivitäten. Wenn hinter jedem Patienten ein Spitzel stecken könne, dann würden Generalverdacht und Misstrauen an die Stelle von Offenheit und Ehrlichkeit treten. „Ärzte werden sich darüber hinaus durch zusätzliche Untersuchungen absichern. Der Bürokratie- und Zeitaufwand wird steigen, die medizinische Versorgung wird teurer, aber nicht besser“, so der ÖÄK-Präsident.
Reform der ärztlichen Ausbildung
Nach der Novellierung des Ärztegesetzes durch das Parlament und dem Erlass der novellierten Ärzte-Ausbildungsordnung (ÄAO) durch die Gesundheitsministerin habe nun die ÖÄK-Vollversammlung die konkreten Ausbildungsinhalte und deren Dokumentation per Verordnung festgelegt. „Damit haben wir einen Schlussstein in der Ausbildungsreform gesetzt“, so der ÖÄK-Präsident. Als eine der wichtigsten Verbesserungen nannte er die Einführung der verpflichtenden Lehrpraxis, wenngleich die von der ÖÄK ursprünglich geforderte Dauer von zwölf Monaten erst schrittweise erreicht werde. Offen sei auch noch die Finanzierung der Lehrpraxen, hier müssten sich Länder und Kassen endlich einig werden. Wechselberger: „Man wird nur schwer junge Ärztinnen und Ärzte für die Allgemeinmedizin motivieren können, wenn nicht sichergestellt ist, dass sie die Ausbildung in den gesetzlich vorgesehenen Lehrpraxen auch abschließen können.“
Primärversorgungsmodelle
„Es gibt zwar laut Gesundheitsministerin noch keinen Entwurf für ein Primary-Health-Care-Gesetz, aber wir haben Grund zur Annahme, dass damit Eingriffe in den Gesamtvertrag ermöglicht und die Ärztekammern von der Stellenplanung ausgeschlossen werden könnten“, sagte ÖÄK-Präsident Wechselberger. Dies würde den im Vorjahr erzielten Vereinbarungen widersprechen. Die Forderungen der Ärztekammer seien klar: keine Streichung von Kassenstellen zugunsten von Primärversorgungszentren, kein Eingriff in bestehende Einzel- und Gesamtverträge. Zudem müsse die Leitung bei Ärzten liegen und der Zugang zu den niedergelassenen Fachärzten offen bleiben.
Hausapotheken und Landmedizin
„Landärzte müssen aufgrund des Apothekengesetzes ständig damit rechnen, ihre Hausapotheke zu verlieren. Sogar für attraktive Tourismusorte wie die Tiroler Gemeinde Wildschönau sei es schwer, Landarztstellen nachzubesetzen. Dort sind zwei Stellen vakant geworden, nachdem eine öffentliche Apotheke errichtet worden war. Nun gebe es für mehr als 4000 Einwohner und bis zu 8000 Gäste eine öffentliche Apotheke, aber keinen Arzt mehr, so Wechselberger abschließend.