APA OTS

Herausfordernde wirtschaftliche Situation für Apotheken

Branchen News vom 10.10.2019

Tagung des Apothekerverbands in Salzburg

Salzburg/Wien (OTS)Beim 4. Wirtschaftsforum des Österreichischen Apothekerverbands in Salzburg diskutierten rund 300 Apothekerinnen und Apotheker und Studierende der Pharmazie, die Zukunft ihres Berufsstandes. Neben den technologischen Herausforderungen, die auf die Apotheken durch die Digitalisierung zukommen, war der Fokus auf die wirtschaftliche Situation gerichtet – sie wird von Jahr zu Jahr angespannter.

Vergütung durch Krankenkassen geht dramatisch zurück

Von 2004 bis 2018 sind die Medikamentenkosten bei den Krankenkassen um 68 Prozent angestiegen – bei den öffentlichen Apotheken ist im gleichen Zeitraum, nach Abzug des Wareneinsatzes, lediglich eine Steigerung von 20 Prozent angekommen. Damit liegt man weit unter der Entwicklung des Verbraucherpreisindexes, der im gleichen Zeitraum um rund 30 Prozent gestiegen ist. „Wenn wir uns die absoluten Zahlen ansehen, stellen wir fest, dass jeder Apotheke im Durchschnitt heute über 14.000 Euro an Krankenkassenvergütung weniger übrigbleibt als noch vor zehn Jahren. Das ist schmerzhaft für jeden Betrieb. Und es ist ein Ausdruck des politischen Versagens, wenn hier nicht gegengesteuert wird. Manche Arbeitstaxen, etwa für Galenika, wurden seit 1995 nicht mehr erhöht – da ist Österreich gerade zur EU beigetreten“ weist Mag. Jürgen Rehak, Präsident des Österreichischen Apothekerverbands, auf den massiven Aufholbedarf hin.

„Der, der verschreibt, soll nichts am Verkauf eines Medikaments verdienen“

„Der, der verschreibt, soll nichts am Verkauf eines Medikaments verdienen – dieses Prinzip gilt in Österreich seit fast 800 Jahren und hat sich bewährt. Eine Aufweichung dieses Zugangs lehnen wir strikt ab, geht sie doch zu Lasten der Patientinnen und Patienten“ erteilt Rehak der Forderung nach einer Ausweitung ärztlicher Notabgabestellen für Medikamente eine klare Absage. „Wenn eine Hausarztordination am Land nur dann finanziell interessant ist, wenn ihr die Abgabe von Medikamenten zugestanden wird, dann braucht es auch für die Ärztinnen und Ärzte andere Vergütungsmodelle. Apotheker- und Ärzteschaft gegeneinander aufzubringen, hat keinen Sinn – ihre Zusammenarbeit ist eine wesentliche Säule der Gesundheitsversorgung der Bevölkerung. Für Hickhack zwischen Berufsgruppen ist hier kein Platz – wer das schürt, handelt unverantwortlich“ so Rehak weiter.

Systempartner Apotheke – zusätzliche Leistungen zur Unterstützung des Gesundheitssystems

„Die Apotheken sind ein wesentlicher Faktor im Gesundheitssystem. Stellen wir uns nur einmal vor, dass alle Menschen, deren gesundheitliche Probleme in Apotheken gelöst werden, in eine Arztordination oder Spitalsambulanz gehen. Wir haben pro Tag rund 400.000 Kundenkontakte – ein Viertel davon würde reichen, um massive Mehrkosten zu verursachen. Das fangen wir in unseren Betrieben jeden Tag auf“ verweist Mag. Thomas Veitschegger, erster Vizepräsident des Österreichischen Apothekerverbands, auf die Rolle der Apotheken als Systempartner. „Dass die Apotheken nicht stärker in die Gesundheitsversorgung der Österreicherinnen und Österreicher eingebunden werden, ist nicht nachvollziehbar. Alleine in der Gruppe der über 75-jährigen haben wir rund 340.000 Menschen, die an vier bis fünf Erkrankungen leiden und dementsprechend viele Präparate einnehmen – da steigt das Risiko von Wechselwirkungen enorm. Medikationsanalysen, also das Monitoring und die Optimierung der kombinierten Einnahme mehrerer Arzneien, sind hier eine wesentliche Stütze, um solche Risiken zu minimieren. Das können wir Apothekerinnen und Apotheker leisten“ erklärt Veitschegger.

Medikamente sind keine Waschmittel

Kritik wird seitens der Apothekerschaft auch laut, wenn es um das Ansinnen der Drogeriemarkkette DM geht, Arzneimittel in ihren Filialen zu verkaufen. „Die Abgabe von Medikamenten ist eine äußerst sensible Angelegenheit – ohne Beratung nimmt man enorme Risiken in Kauf. Auch bei nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln, gibt es das Risiko von Wechselwirkungen. Medikamente sind eben keine Waschmittel, die man einfach so aus dem Regal nehmen sollte und dann noch schaut ob es vielleicht drei zum Preis von zwei gibt“ warnt der zweite Vizepräsident des Apothekerverbands, Mag. Christian Wurstbauer, vor einer Liberalisierung des Arzneimittelmarkts. „Die Apotheken in den Wettbewerb mit einem internationalen Konzern zu zwingen, ist ein gefährlicher Weg – denn am Ende des Tages wären wohl viele Apotheken in ihrem Bestand gefährdet, während ein Großkonzern Gewinne mit einigen wenigen Präparaten macht. Für die Menschen bleibt über, dass ihr Zugang zu pharmazeutischer Beratung eingeschränkt wird und sie in der Nacht und an Feiertagen weniger Möglichkeiten haben, zu Arzneimitteln zu kommen“ gibt Wurstbauer zu bedenken.

Apotheken als Vorreiter der Digitalisierung

Auch wenn man es von außen nicht vermuten mag: Die Apotheken sind ein Vorreiter der Digitalisierung. Mit ihren Warenwirtschaftssystemen, den Sicherheitschecks bei denen Patientinnen und Patienten vor Wechselwirkungen gewarnt werden oder aktuell der Umsetzung der Fälschungssicherheitsrichtlinie, wird Digitalisierung in Apotheken längst gelebt – mehr als in so manch anderer Branche. Jetzt geht es darum, die nächsten technologischen Errungenschaften in den pharmazeutischen Alltag zu integrieren – etwa das E-Rezept oder telemedizinische Angebote. Geht es um die Einführung und Umsetzung solcher Angebote, ist die Apothekerschaft ein aufgeschlossener und zuverlässiger Partner.

Rückfragen & Kontakt:

Mag. Ralph Luger
0664/245 33 19
ralph.luger@apothekerverband.at