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Suchtmittelgesetz wird einstimmig novelliert

Branchen News vom 29.06.2017

Wien (PK) – Einhellige Zustimmung fand heute im Nationalrat eine Novelle des Suchtmittelgesetzes. Zwischen ÄrztInnen, ApothekerInnen und den Gesundheitsbehörden soll damit in der Betreuung von suchtmittelabhängigen PatientInnen ein besserer Informationsfluss ermöglicht werden. Abgelehnt wurden Anträge der Opposition für einen eigenen Quecksilber-Grenzwert in Thunfisch, zur Wiedereinführung von TBC-Untersuchungen für Lebensmittelpersonal und betreffend eine Neudefinition des Begriffs Embryo. Dem Unterrichtsausschuss wiesen die Abgeordneten eine Forderung nach verpflichtenden Reanimationskursen ab der 7. Schulstufe zu.

Besserer Datenaustausch zur Behandlung von Suchtmittelabhängigkeit

Als Teil eines Gesamtpakets, mit dem der rechtliche Rahmen der Opioid-Substitutionsbehandlung angepasst werden soll, verabschiedeten die Abgeordneten einstimmig eine Novelle des Suchtmittelgesetzes. Die heutige Lehrmeinung geht davon aus, dass es sich bei der Abhängigkeit von Opioiden – vor allem Heroin – um eine chronische Erkrankung handelt. Maßnahmen zur Schadensminimierung oder -reduktion sind daher nicht nur für die Betroffenen, sondern auch für die Gesellschaft von Nutzen, unterstrichen SPÖ und ÖVP im gemeinsamen Antrag. Multiple Substanzabhängigkeiten bergen besondere Risiken, vor allem in der Apotheke werde ein unkontrollierter Gebrauch suchtmittelhaltiger Arzneimittel neben dem Substitutionsmedikament augenfällig. Insofern zielt die Koalition mit der Neuregelung auf einen besseren Informationsfluss zwischen den in der Betreuung der PatientInnen involvierten ÄrztInnen, ApothekerInnen und den Gesundheitsbehörden ab.

Rendi-Wagner: Suchtkranken Menschen ermöglichen, wieder Teil der Gesellschaft zu werden

Österreich habe hinsichtlich Suchtmittelbehandlung insgesamt einen sehr guten Standard erreicht, betonte Gesundheitsministerin Pamela Rendi-Wagner. Umso positiver ist für sie, dass nun die Behandlung von Suchtmittelabhängigkeit weiter signifikant verbessert werde. Teil des Gesamtpakets ist auch eine neue Behandlungsleitlinie, die sich an internationalen Standards orientiert und von allen Fachgesellschaften mitgetragen wird, zeigt sich die Ministerin erfreut über diesen neuen Wegweiser für alle ÄrztInnen in der Substitutionsbehandlung. Das Ziel müsse immer sein, suchtkranken Menschen zu ermöglichen, wieder Teil der Gesellschaft zu werden. Das gelinge nicht mit Strafen, Sanktionen und Therapieverwehrung bei Nichterfolg, sondern genau mit einer Leitlinie auf neuestem wissenschaftlichen Stand. Auch die intensivere Vernetzung, Kommunikation und Kooperation in der Behandlung trage dazu bei, dass das Gesamtpaket sowohl Betroffenen, als auch dem System insgesamt zugute komme.

Die Novelle sei ein wichtiger und positiver Schritt, unterstrichen Philip Kucher (S) und Erwin Rasinger (V). Suchtmittelabhängigkeit ist eine Krankheit, betonte Abgeordneter Kucher, entsprechend den heutigen Kenntnissen würde man hier nun auch nach modernsten Standards vorgehen. Die Maßnahmen bringen eine Behandlungsleitlinie zur Substitution von Opioiden, außerdem werde die Informationsweitergabe verbessert. Zur Strategie bei Süchten in Österreich insgesamt erwähnte Erwin Rasinger (V) neben dem Thema Internetsucht auch Alkohol und Nikotin. Als einer die Substitution durchführenden Ärzte betonte er, Pfeiler darin seien aus seiner Sicht sowohl Behandlung und Substitution, aber auch Aufklärung und Repression. Menschen würden aber nicht aus heiterem Himmel süchtig, gab er etwa zu bedenken, dass auch psychische Erkrankungen vorliegen können. Die Novelle ist ein wichtiger Puzzlestein in einer sehr menschlichen und erfolgreichen Vorzeigestrategie Österreichs, so Rasinger.

Für Dagmar Belakowitsch-Jenewein seitens der FPÖ ist die Suchtmittelnovelle längst überfällig, weil es auch Missbrauch gab. Positiv findet sie etwa strengere Kontrollen, es werde hier ein richtiger Schritt gesetzt.

Als Modernisierung und Verbesserung wertet Eva Mückstein von den Grünen die Neuerungen im Suchtmittelgesetz. Etwa auch, dass mit PatientInnen offener umgegangen wird und eine Behandlung nicht sofort abgebrochen, sondern versucht wird, Betroffene weiter in der Behandlung zu halten, strich Mückstein positiv hervor. Skeptisch zeigte sie sich hinsichtlich der Datenweitergabe. Hier habe ein großer Personenkreis Zugang, man werde daher genau hinsehen müssen.

Team Stronach mit Antrag zu Quecksilber-Grenzwert in Thunfisch

Vom Plenum abgelehnt wurde eine Forderung des Team Stronach zur Festlegung von Quecksilber-Grenzwerten in Thunfisch. Der Quecksilbergehalt von Meeresfischen liege in etlichen Bereichen über der maximal tolerierten Aufnahmemenge, argumentierte Ulrike Weigerstorfer (T) unter Bezugnahme auf weltweit durchgeführte Studien. Das Quecksilber gelange etwa aus Batterien, Thermometern oder Desinfektionsmitteln in die Nahrungskette und könne zu Vergiftungen führen. Die Abgeordnete plädierte für einen Quecksilber-Grenzwert in Thunfisch von 1mg/kg und verwies auf die kürzliche Ratifizierung des Minamata-Abkommens zur Quecksilber-Reduktion. Weigerstorfer will damit das Vorsorgeprinzip in den Mittelpunkt stellen, zu beachten sei außerdem die Summe des Cocktails in Nahrungsmitteln.

Das Thema sei sehr emotionalisiert, entgegnete Markus Vogl (S) dazu, daher sei es wichtig, bei den Fakten zu bleiben. Der Antrag gehe an der Realität vorbei, die Werte der Proben liegen ihm zufolge bei etwa einem Drittel des Grenzwertes und damit deutlich darunter. Eine einfache Orientierungshilfe bot Vogl zur Vermeidung, denn je weniger Fett der Fisch habe, umso weniger Quecksilber sei gespeichert. Einig war er sich mit Josef A. Riemer (F), dass etwa in der Schwangerschaft besondere Vorsicht geboten sei. Auf der sicheren Seite sei man mit heimischen Fischen. Riemer verwies trotzdem auf das Problem, dass Weltmeere zur Müllhalde verkommen und vergiftet sind, schon die Diskussion alleine ist ihm wichtig. Dass die EU über eine Grenzwert-Anhebung diskutiert hat, habe sehr wohl auch wirtschaftliche Gründe.

Wiedereinführung von TBC-Untersuchungen für Lebensmittelpersonal abgelehnt

Ebenso in der Minderheit blieb ein Antrag des Team Stronach zur Wiedereinführung von TBC-Untersuchungen für Lebensmittelpersonal. In Österreich gab es 2015 insgesamt 12 Fälle von multiresistenter (MDR)-Tuberkulose, so die Begründung von Ulrike Weigerstorfer (T). Nachdem Asylsuchende als TBC-Risikogruppe auch für gemeinnützige Tätigkeiten eingesetzt würden, die unter anderem mit der Lebensmittelversorgung zusammenhängen – etwa Hilfstätigkeiten in der Küche im Bereich der Seniorenbetreuung und in öffentlichen Kindergärten -, sei es notwendig, entsprechende präventive Maßnahmen zu treffen. Prävention sei ihr insgesamt ein Anliegen, auch weil diese viel günstiger ist als Reparatur, so Weigerstorfer. Gegen den Vorwurf von Eva Mückstein (G), es sei problematisch, wenn solche Anträge rassistisch motiviert sind, verwies Weigerstorfer auf eine Feststellung der WHO, wonach die nicht-native Bevölkerung in dieser Hinsicht zur Hochrisikogruppe zähle.

Keine Neudefinition des Begriffs Embryo

Gegen einen Antrag des fraktionslosen Abgeordneten Marcus Franz stimmte ebenso die Mehrheit der MandatarInnen. Ihm zufolge sollte der Embryonen-Begriff definiert und damit neu festgelegt werden, was Leben ist und ab wann es beginnt. Eine befruchtete Eizelle gelte derzeit erst ab ihrer Einnistung in den Uterus als Embryo, heißt es in der Begründung des Antrags. Um den Missbrauch und den lapidaren Umgang in Labors mit eingefrorenen, befruchteten Eizellen zu vermeiden, müsse entsprechend der Definition des EuGH aus 2014 gesetzlich festgelegt werden, dass der Mensch bereits ab der Verschmelzung von Spermium und Eizelle auch als solcher definiert ist, fordert Marcus Franz.

Dem entgegnete Gabriele Heinisch-Hosek von der SPÖ vehement, dass die Fristenregelung ein politischer Meilenstein war und nie und nimmer zurückgenommen werden wird. Der Antrag sei aus frauenpolitischer und rechtspolitischer Sicht nicht nachvollziehbar und auch aus fachlicher Sicht abzulehnen. Auch Wolfgang Knes (S) kann über die Forderung nur den Kopf schütteln und wandte sich heftig gegen Marcus Franz und „sinnlose Anträge“. Klar sei, dass es mit dem EuGH-Beschluss aus rechtlicher Sicht unmöglich ist, auf nationaler Ebene einen Beschluss zu fassen. Der Antrag bringe also nichts.

Umgekehrt ebenso heftig kritisierte Marcus Franz (o.F.), dass hier Ideologie und Frauenpolitik über Ethik und den Begriff des Lebens gestellt würden. Das Leben beginne mit der Befruchtung der Eizelle, diese klare Definition brauche Einstimmigkeit, sonst sei jeder Willkür Tür und Tor geöffnet.

Verpflichtende Reanimationskurse ab der 7. Schulstufe zugewiesen

Dem Unterrichtsausschuss zugewiesen wurde ein weiterer Antrag von Marcus Franz, worin er verpflichtende Reanimationsausbildungen ab der 7. Schulstufe fordert. Vermittelt werden sollen etwa Kenntnisse, wie man im Fall von festgestellten Herz-Kreislauf-Stillständen eine Herzdruckmassage durchführt und einen für Laien geeigneten Defibrillator rasch und richtig zur Anwendung bringt, argumentiert der fraktionslose Abgeordnete.