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Gesetzesnovelle soll rund 100 zusätzliche Hausapotheken absichern

Branchen News vom 14.04.2016

Gesundheitsausschuss stimmt mehrheitlich für Änderung des Apothekengesetzes

Wien (PK) – Das Thema Hausapotheken ist in Österreich schon seit Jahren Gegenstand der politischen Diskussion. Auf der einen Seite wird es aus vielerlei Gründen als problematisch erachtet, wenn ÄrztInnen gleichzeitig eine Apotheke führen. Andererseits kommt es immer wieder zu Protesten der Bevölkerung im ländlichen Raum, wenn einer Hausapotheke das Aus droht. Die PatientInnen beklagen nicht nur oft unzumutbare Entfernungen bis zur nächsten öffentlichen Apotheke, sie fürchten auch, dass sich ohne Weiterbewilligung der Hausapotheke kein Nachfolger bzw. keine Nachfolgerin für eine Arztpraxis finden lässt, wenn der langjährige Landarzt in Pension geht. Nun sollen die entsprechenden Bestimmungen im Apothekengesetz zumindest teilweise gelockert werden. Der Gesundheitsausschuss des Nationalrats hat heute mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP und FPÖ grünes Licht für eine entsprechende Initiative der Koalitionsparteien gegeben. Versehentlich votierten auch die Grünen für das Gesetz, sie hatten allerdings zuvor gemeinsam mit den NEOS heftige Kritik an den neuen Bestimmungen geübt.

Vom Ausschuss in die Wege geleitet wurde überdies die endgültige Auflösung des seit dem Jahr 1997 inaktiven Krankenanstalten-Zusammenarbeitsfonds (KRAZAF). Zudem befassten sich die Abgeordneten mit einer Reihe von Oppositionsanträgen, wobei unter anderem die Frage der Eingliederung von syrischen ÄrztInnen in das österreichische Gesundheitssystem, die Abschaffung des Selbstbehalts bei Krankenhausaufenthalten von Kindern und Jugendlichen und einmal mehr die Zusammenlegung der Sozialversicherungsträger zur Diskussion standen.

Kriterien für Genehmigung von Hausapotheken werden geändert

Gemäß dem vom Ausschuss gebilligten Antrag der Koalitionsparteien (1601/A) dürfen ÄrztInnen künftig unter bestimmten Umständen auch in Gemeinden, in denen bereits eine öffentliche Apotheke vorhanden ist, eine Hausapotheke betreiben. Voraussetzung dafür ist, dass die Ordination mehr als sechs Kilometer von der nächsten öffentlichen Apotheke entfernt ist. Gleichzeitig wird eine 2006 abgeschaffte Sonderregelung für HausärztInnen, die eine Kassenstelle mit angeschlossener Hausapotheke übernehmen, wieder eingeführt. Für sie wird ein Mindestabstand von vier Kilometern zur nächsten öffentlichen Apotheke festgelegt, wobei mit einem Abänderungsantrag ausdrücklich klargestellt wurde, dass die Bewilligung einer Hausapotheke zurückzunehmen ist, wenn die Entfernungsvoraussetzung aufgrund der Verlegung der Ordination entfällt. Die Nachfolgeregelung gilt rückwirkend ab Mai 2015 und unerheblich davon, ob die Nachfolge lückenlos oder nach einer bestimmten Vakanz erfolgt.

Mit dem von der Koalition eingebrachten Abänderungsantrag wird außerdem einem Urteil des Europäischen Rechnungshofs (EuGH) aus dem Jahr 2014 Rechnung getragen, der in Bezug auf die vorgesehene Bedarfsprüfung für neue Apotheken das Kriterium der Versorgung von mindestens 5.500 Personen für bestehende Apotheken als zu eng gefasst erachtet hat, weil es keinen Spielraum bei örtlichen Besonderheiten zulässt. Nun wird normiert, dass in ländlichen und abgelegenen Regionen in Ausnahmefällen von diesem Kriterium abgewichen werden kann, wenn dies im Interesse einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung dringend erforderlich ist.

Mit der Gesetzesnovelle leiste man einen wichtigen Beitrag zur Sicherstellung der allgemeinmedizinischen Versorgung im ländlichen Raum, heißt es in der Begründung des Antrags. Das bekräftigten SPÖ-Gesundheitssprecher Erwin Spindelberger und sein ÖVP-Kollege Erwin Rasinger auch in der heutigen Sitzung. Es bestehe die Gefahr, dass ärztliche Planstellen im ländlichen Raum nicht nachbesetzt werden könnten, wie nicht nur die Ärztekammer immer wieder vorbringe, sondern auch BürgermeisterInnen ländlicher Gemeinden. Im Petitionsauschuss stünden entsprechende Anliegen der Bevölkerung regelmäßig auf der Tagesordnung, skizzierte Rasinger. Man müsse auch an ältere, chronisch kranke Menschen denken, die kein Auto haben, um zur nächsten öffentlichen Apotheke zu gelangen. Auch SPÖ-Abgeordneter Walter Schopf machte auf die oft schwierige Erreichbarkeit öffentlicher Apotheken aufmerksam.

Rasinger sieht allerdings überwiegend andere Gründe, warum der Beruf des Hausarztes immer weniger attraktiv wird, und nannte etwa die ernorme Bürokratie und geringe Verdienstmöglichkeiten im Vergleich zu anderen Arztberufen. Er kritisierte überdies, dass junge ÄrztInnen in den Kliniken nicht ordentlich ausgebildet werden.

Oberhauser: Nachfolger-Problem wird durch vorliegenden Antrag nicht gelöst

Nach Meinung von Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser wurde eine Lösung im Sinne der PatientInnen gefunden, wobei ihrer Information nach rund 90 Hausapotheken in die Neuregelung fallen. Oberhauser glaubt allerdings nicht, dass das Nachfolger-Problem im Bereich der HausärztInnen mit dem vorliegenden Antrag gelöst werden kann. Sie setzt in diesem Sinn auf ein größeres Paket, das derzeit in Verhandlung steht und unter anderem die Einrichtung von Primärversorgungszentren sowie die Liberalisierung der Öffnungszeiten von Apotheken zum Gegenstand hat.

Generell hätten für sie öffentliche Apotheken Vorrang, sagte Oberhauser, Hausapotheken seien in bestimmten Regionen aber notwendig, um die Bevölkerung mit Medikamenten zu versorgen. Die Ärztekammer und die Apothekerkammer haben ihr zufolge ein Jahr über die vorliegende Novelle verhandelt.

Auch FPÖ-Gesundheitssprecherin Dagmar Belakowitsch-Jenewein geht nicht davon aus, dass das Problem des Landärztemangels mit der vorliegenden Novelle gelöst werden kann. Trotz Kritik am Zustandekommen des Gesetzesantrags kündigte sie jedoch die Zustimmung ihrer Fraktion an. Nachdem sich Apothekerkammer und Ärztekammer geeinigt hätten, solle die Politik die Gesetzesänderung nicht blockieren, argumentierte sie.

Grüne und NEOS sehen keine Notwendigkeit für mehr Hausapotheken

Heftige Kritik am Antrag äußerte hingegen die Gesundheitssprecherin der Grünen Eva Mückstein und der Gesundheitssprecher der NEOS Gerald Loacker. Es gebe keinen Notstand bei der medikamentösen Versorgung am Land, also bestehe auch keine Notwendikeit, noch mehr ÄrztInnen die Möglichkeit zu geben, Hausapotheken zu führen, argumentierte Mückstein. Sie fürchtet, dass ÄrztInnen versucht sind, zu viele Medikamente zu verschreiben, wenn sie an verschriebenen Medikamenten zusätzlich Geld verdienen. Zudem hält sie das durch eine öffentliche Apotheke gesicherte Vier-Augen-Prinzip für wichtig. Es sei ein Faktum, dass die landärztliche Versorgung schlecht sei, sagte Mückstein, man brauche aber strukturelle Änderungen. Hauptproblem sei die enorme Arbeitsbelastung von HausärztInnen mit wöchtlichen Arbeitszeiten von 70 Stunden und mehr.

In eine ähnliche Stoßrichtung ging die Kritik von Loacker. Mit dem Antrag werde „Klientelpolitik reinsten Wassers“ betrieben, klagte er. Der Sinn von Hausapotheken sei nicht, LandärztInnen mit einem besseren Einkommen zu versorgen. Auch er glaubt, dass es vor allem deshalb schwierig ist, Hausarztstellen zu besetzen, weil ÄrztInnen nicht sieben Tage die Woche und 24 Stunden am Tag erreichbar sein wollen und überdies lieber im Team arbeiten.

Sowohl Mückstein als auch Loacker plädierten dafür, die Liberalisierung der Öffnungszeiten von Apotheken zu fördern und die Hauszustellung zu erleichtern, statt zusätzliche Hausapotheken zu genehmigen. Auch beim Versandhandel mit Medikamenten könnte man großzügiger sein, erklärte Loacker. Ein von den NEOS zur Frage liberalisierter Öffnungszeiten von Apotheken eingebrachter Antrag (1610/A(E)) wurde vom Gesundheitsausschuss jedoch von den Koalitionsparteien mit dem Hinweis auf die laufenden Verhandlungen vertagt.

Einen eigenen Antrag zum Thema Hausapotheken hatte das Team Stronach eingebracht, der wegen der Verhinderung von Antragstellerin Ulla Weigerstorfer jedoch kurzfristig von der Tagesordnung abgesetzt wurde. Weigerstorfer bricht darin eine Lanze für ärztliche Hausapotheken und spricht sich dafür aus, solche zu genehmigen, wenn dies dem Wunsch der Bevölkerung entspricht (1526/A(E)).

FPÖ urgiert Maßnahmenbündel zur Sicherstellung der ärztlichen Versorgung im ländlichen Raum

Mit der Novelle zum Apothekengesetz mitverhandelt wurde auch ein Antrag der FPÖ (414/A(E)), der darauf abzielt, Hausarztstellen im ländlichen Raum attraktiver zu machen, etwa durch bessere finanzielle Rahmenbedingungen. LandärztInnen hätten sehr schwierige Arbeitsbedingungen, daher gebe es vielerorts bereits Probleme, NachfolgerInnen für eine Ordination zu finden, gibt Dagmar Belakowitsch-Jenewein zu bedenken. Sie fordert daher ein Maßnahmen-und Förderprogramm, um eine qualitativ hochwertige und flächendeckende medizinische Versorgung der österreichischen Bevölkerung im ländlichen Bereich auch in Zukunft sicherzustellen. Auch dieser Antrag wurde mit dem Hinweis auf die von Oberhauser angesprochenen Verhandlungen vertagt.

Krankenanstalten-Zusammenarbeitsfonds wird aufgelöst

Mit S-V-Mehrheit beschloss der Gesundheitsausschuss die endgültige Auflösung des Krankenanstalten-Zusammenarbeitsfonds (KRAZAF), dessen Zweck bis zum Jahr 1996 in der Gewährung von Zuschüssen an die Träger der Krankenanstalten bestand. Seit der Einführung der leistungsorientierten Krankenanstaltenfinanzierung ist er jedoch nicht mehr aktiv, seine Aufgaben haben mittlerweile die Bundesgesundheitsagentur und neun Landesgesundheitsfonds übernommen. Einer Auflösung des Fonds standen bislang allerdings Rechtsstreitigkeiten entgegen, nun soll ein eigenes Abwicklungsgesetz Rechtssicherheit bringen und einer drohenden Insolvenz des Fonds vorbeugen.

Basis für den Beschluss bildete ein Antrag der Koalitionsparteien (1617/A), zu dem Abgeordneter Johann Singer heute einen Abänderungsantrag einbrachte. Darin wird ausdrücklich festgehalten, dass mit den Zahlungen des KRAZAF in den Jahren 1991 bis 1997 sämtliche Forderungen gegenüber dem KRAZAF als erloschen gelten. Auf Forderungen, die bis Ende Februar 2016 gerichtlich geltend gemacht wurden, ist das Gesetz allerdings nicht anzuwenden. Die verbleibenden Fondsmittel in der Höhe von voraussichtlich rund 800.000 € sollen an die Bundesgesundheitsagentur zur Finanzierung stationärer und ambulanter Leistungen überwiesen werden, wobei das Geld einer mit SP-VP-Mehrheit gefassten Entschließung zufolge der Palliativ- und Hospizversorgung zugute kommen soll.

In der Begründung des Antrags wird darauf verwiesen, dass der KRAZAF durch ein Urteil des Oberlandesgerichts Wien zu einer nachträglichen Zahlung an einen Krankenanstaltenträger, laut Oberhauser das Krankenhaus Hainburg, verpflichtet wurde, wobei das Urteil noch nicht rechtskräftig ist. Würden andere seinerzeit zuschussberechtigte Krankenanstaltenträger klagen und Recht bekommen, hätte der KRAZAF einen Betrag von insgesamt rund 1,3 Mrd. € zu leisten. Da diesen Forderungen nur verfügbare Mittel von 1,2 Mio. € gegenüber stehen, müsste er, so die Erläuterungen, Insolvenz anmelden. Das soll mit dem vorliegenden Abwicklungsgesetz vermieden werden.

Wie Gesundheitsministerin Oberhauser festhielt, werden mit dem Gesetzesantrag Probleme beseitigt, die 20 Jahre alt sind. Durch die Abwicklung des Fonds würde man Klagen die Klagsgrundlage entziehen. Sowohl Loacker als auch Mückstein äußerten sich zur Vorgangsweise allerdings skeptisch. „Das schaut nicht sauber aus“, sagte Loacker und kritisierte auch die späte Vorlage des Abänderungsantrags.

Mückstein gab zu bedenken, dass die dauerhafte Finanzierung der Palliativ- und Hospizversorgung durch eine Einmalzahlung nicht gesichert sei. In diesem Sinn hält sie eine Einigung bei den Finanzausgleichsverhandlungen für vorrangig. Das räumte auch ÖVP-Abgeordnete Gertrude Aubauer ein. Ihrer Meinung nach sollte man die Gelegenheit aber nutzen, um rund 800.000 € für die Finanzierung dieses wichtigen Bereichs zu lukrieren.

Krankenhaus-Selbstbehalte, einheitliche Sozialversicherung:
Opposition macht weiter Druck

Weiter Druck macht die Opposition in Bezug auf die seit langem geforderte Abschaffung des Selbstbehalts bei Krankenhausaufenthalten von Kindern und Jugendlichen. Laut Abgeordnetem Johann Singer (V) wird auch darüber im Zuge der Finanzausgleichsverhandlungen beraten. Der Ausschuss vertagte daher einen Antrag der FPÖ (900/A(E)) neuerlich.

Auch was die Zusammenlegung der Sozialversicherungsträger betrifft, lässt die FPÖ nicht locker. Als ersten Schritt zu einer einheitlichen Sozialversicherung mit gleichen Beiträgen und Leistungen (758/A(E)) kann sich Dagmar Belakowitsch-Jenewein eine Potentialanalyse der Sozialversicherungen zur Eruierung von Kostendämpfungs- und Einsparungsmöglichkeiten vorstellen (875/A(E)). Unterstützung erhielten die Freiheitlichen von Judith Schwentner (G) und Gerald Loacker (N), die bei den Regierungsfraktionen – von denen diese Anträge ebenfalls vertagt wurden – Diskussionsbereitschaft vermissten. Gesundheitsministerin Oberhauser wiederum verwies auch hier auf die laufenden Finanzausgleichsverhandlungen, demnach sind Gespräche über eine Potentialanalyse in Verbindung mit einer Sozialanalyse angedacht.

Grüne für rasche Integration syrischer ÄrztInnen

Ein ganz anderes Problem haben die Grünen in einem Antrag (1593/A(E)) aufgegriffen. Sie wollen syrische ÄrztInnen und anderes medizinisches Fachpersonal aus dem Bürgerkriegsland möglichst rasch in das österreichische Gesundheitssystem einbinden und den Betroffenen die Möglichkeit geben, bereits vor der Nostrifikation ihrer beruflichen Qualifikationen unterstützend im Gesundheitsbereich tätig zu sein. Die Betroffenen könnten nach Meinung von Abgeordneter Mückstein etwa hilfreiche Dienste bei Dolmetscharbeiten leisten. Anders als in Deutschland dürften ÄrztInnen in Österreich während des Nostifizierungsverfahrens nicht arbeiten, kritisierte sie.

Gesundheitsministerin Oberhauser machte geltend, dass es bereits verschiedene Bemühungen gebe, ärztliches Personal aus Syrien in das Gesundheitswesen einzubinden. So habe man etwa die Möglichkeit geschaffen, dass die Betroffenen als Assistenz in Flüchtlingscamps eingesetzt werden können. Sowohl ÖVP-Abgeordneter Erwin Rasinger als auch FPÖ-Abgeordnete Dagmar Belakowitsch-Jenewein mahnten aber eine sorgfältige Überprüfung der Fähigkeiten der Betroffenen ein. Dazu gehöre auch die Beherrschung der Sprache, betonte Rasinger in diesem Zusammenhang. Über allem müsse Patientensicherheit stehen.

Lungenfacharzt Rainer: Gesundheitsausschuss gegen Interventionen

Schließlich sprach sich der Gesundheitsausschuss – wie zuletzt auch der Sozialausschuss – gegen Interventionen von Regierungsseite bei der Wiener Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely wegen der Nichtverlängerung des Vertrags des Lungenfacharzts Gernot Rainer aus. Gefordert hatte die Interventionen FPÖ-Abgeordnete Dagmar Belakowitsch-Jenewein, sie spricht in der Begründung des Antrags (1577/A) unter anderem von einer „Säuberungswelle“ im Wiener Gesundheitswesen und von DDR-Methoden. Auch ihr Fraktionskollege Andreas Karlsböck hat kein Verständnis für die Entscheidung. (Fortsetzung Gesundheitsausschuss) gs

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