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Intensivberatung in der Apotheke: Medikationsmanagement wirkt

Branchen News vom 22.05.2017

Wien (OTS) – Medikationsmanagement – hinter diesem sperrigen Namen versteckt sich eine intensive Beratungsleistung der Apothekerinnen und Apotheker mit dem Ziel, dass Patienten mit Polymedikation (ab fünf Medikamente) ihre Arzneimittel richtig einnehmen und so eine bessere Lebensqualität und Gesundheit erlangen. Wechsel- und Nebenwirkungen können gefährliche Konsequenzen haben. 5,6 Prozent der ungeplanten Krankenhausaufnahmen gehen auf unerwünschte Arzneimittelwirkungen zurück. Die UNIQA Österreich Versicherungen AG (UNIQA) als Vorreiterin übernimmt für ihre Kunden, auf die Polymedikation zutrifft und die sowohl einen Sonderklasse- als auch einen ambulanten Tarif haben, die Kosten für die einstündige Beratungsleistung in der Apotheke.

UNIQA: „Medikamente im Griff“ als Serviceleistung

Um das Medikationsmanagement kostenfrei anbieten zu können, haben die Österreichische Apothekerkammer und UNIQA das Projekt „Medikamente im Griff“ gestartet. UNIQA Kunden, auf die Polymedikation zutrifft und die sowohl einen Sonderklasse- als auch einen ambulanten Tarif haben, erhalten die Möglichkeit, in ausgewählten Apotheken einen Termin für eine einstündige Intensivberatung zu vereinbaren. Daher reicht es, wenn sich Kunden mit Name und Polizzennummer direkt an eine mitmachende Apotheke wenden. Es findet eine umfangreiche Bestandsaufnahme und Analyse aller Medikamente statt. Der Apotheker, die Apothekerin schult den Patienten intensiv auf die richtige Einnahme seiner Medikamente und spricht allfällige Optimierungsvorschläge in der Therapie mit dem Arzt ab. „Die Einschätzung, wie Medikamente wirken, kann den einzelnen Patienten überfordern und soll in den Händen von Profis liegen. Diese Kooperation ist eine sinnvolle Investition, weil sie den Kunden hilft und gleichzeitig Kosten senkt. Denn rechtzeitiges Medikationsmanagement kann Spitalsaufenthalte verringern“, so Peter Eichler, Mitglied des Vorstands, UNIQA Österreich Versicherungen AG.

UNIQA hat in Form eines Pilotprojektes seit Herbst 2016 Kunden angeschrieben, die älter als 65 Jahre sind, eine Herz-Kreislauferkrankung und eine weitere Erkrankung haben. Den Gutschein für das Medikationsmanagement in der Apotheke haben bereits mehr als 300 Kunden eingelöst. „Aufgrund des Erfolges des Pilotprojektes verlängern wir jetzt dieses Projekt bis Ende Oktober 2017“, so Eichler.

Polymedikation: Viele Medikamente, kaum Überblick

Viele Menschen, besonders ältere Personen, verlieren leicht den Überblick über alle ihre Arzneien, weil sie mehrere Medikamente von verschiedenen Ärzten verschrieben bekommen. Zusätzlich nehmen manche auch rezeptfreie Medikamente und Nahrungsergänzungsmittel zu sich. „Dass einzelne Arzneimittel einander in ihrer Wirkung beeinflussen, wissen oder bedenken viele Patienten nicht,“ so. Max Wellan, Präsident der Österreichischen Apothekerkammer. Manchmal zählt man bei Arztterminen nicht alle seine Medikamente vollständig auf, manchmal ändert oder bricht man eine vorgesehene Therapie ab, weil die Menge der einzunehmenden Präparate unüberschaubar geworden ist. Mit dieser Aussage sorgte der deutsche Olaf Rose in seiner WestGem-Studie für Aufsehen: 40 Prozent der vom Patienten eingenommenen Medikamente waren dem Hausarzt nicht bekannt!

Das Medikationsmanagement der Apotheker setzt genau hier an. In der einstündigen Intensivberatung wird der Patient im Umgang mit seinen Arzneimitteln geschult. Die pharmazeutische Intensivberatung dient der Steigerung der Lebensqualität, der besseren Wirkung der Arzneimittel und der Sicherheit bei der Arzneimitteleinnahme. Zusätzlich kommuniziert der Apotheker mit dem behandelnden Arzt und spricht Optimierungsvorschläge aus. Die Intensivberatung in der Apotheke kostet 120 Euro. Rund 500 Apotheken bieten das Medikationsmanagement bereits als Serviceleistung für Ihre Kundinnen und Kunden an.

Hohe Akzeptanz bei Ärzten: 70 Prozent Umsetzungsrate

Seit vier Jahren ist „Medikationsmanagement“ eine eigene Fortbildung der Österreichischen Apothekerkammer, die bereits mehr als 1500 Apothekerinnen und Apotheker absolviert haben. Bei der Umsetzung von „Medikamente im Griff“ werden die Apothekerinnen und Apotheker im Hintergrund von einem „Consilium“-Team beraten, das basierend auf der Erstanalyse des Apothekers vor Ort abschließende Empfehlungen ausspricht. Diese ergehen mittels Brief an die behandelnden Ärzte. Dabei zeigte sich, dass die Optimierungsvorschläge des Apothekers von den Ärzten zu 70 Prozent umgesetzt werden. „Optimale Kundenbetreuung erfordert ein Zusammenspiel der Berufe, insbesondere Pflegepersonal, Arzt und Apotheker“, so Wellan.

Die Erkenntnisse des Medikationsmanagements stammen aus den Erfahrungen in der klinischen Pharmazie. In vielen Krankenhäusern begleiten die Apotheker Ärzte auf die Stationen und lassen direkt ihr Arzneimittelwissen in die Behandlung der Patienten miteinfließen. Die „Gesundheit Österreich“ hat in ihrer Evaluation „Pilotprojekte Polypharmazie“ festgestellt, dass die Hälfte der Interventionen der klinisch-pharmazeutischen Teams die Gesundheit der Patienten wesentlich verbessert hat, und ein Drittel, darunter die Absetzung von Arzneimitteln und Dosier- sowie Abgabeanpassungen, die Arzneimittelausgaben pro Patienten reduzierten.

Hauptprobleme bei der Arzneimitteleinnahme: Sicherheit – Wirkung – Lebensqualität

Die ersten Ergebnisse von „Medikamente im Griff“ bestätigen, wo die größten Fallstricke/ das größte Verbesserungspotenzial in der Arzneimitteltherapie liegen/liegt. In 51 Prozent der Fälle erfolgte die Intervention des Apothekers zur besseren Therapietreue, indem ein wichtiger Hinweis zur Einnahme des Arzneimittels gegeben werden konnte (Lebensqualität). Bei 53 Prozent führte die Intervention zu einer verbesserten/optimalen Wirkung der Medikation (Wirkung). Die Arzneimittel-Sicherheit wurde in 31 Prozent der Fälle erhöht (Sicherheit).

Einige Beispiele:

1.Sicherheit:

Alles, was den Patienten gefährden kann. So z.B. die Einnahme von nicht-sterioidalen Antirheumatika (NSAR) in der Selbstmedikation oder Empfehlung der Nachbarin gegen grippale Infekte oder bei Schmerzen bei gleichzeitiger Einnahme von Blutverdünnern.

2. Wirkung:

Die Einnahme von Magnesium muss immer im zeitlichen Abstand zu gewissen Präparaten erfolgen. „Klassiker“ sind z.B. Ciprofloxacin als vorübergehend einzunehmendes Antibiotikum bei einer Patientin, die regelmäßig Magnesium oder Kalzium einnimmt. Hier würde das Mg bzw. Ca das Antibiotikum chemisch binden und inaktivieren. Abhilfe schafft nur eine zeitliche Trennung der Einnahme, am besten 4 Stunden. Kommt sehr häufig auch bei Osteoporosemitteln vor, z. B. Fosamax,  hier wird das Bisphosphonat vom in der Packung ebenfalls vorhandenen Kalzium inaktiviert. Wir empfehlen hier, am einmal wöchentlichen Tag der Einnahme des Bisphosponats, die Kalziumtablette auf einen anderen Tageszeitpunkt zu verschieben.

3. Lebensqualität:

Wenn eine Patientin ein Schilddrüsenhormon und ein Eisenpräparat einnehmen soll, müsste sie um 5 Uhr morgens das Schilddrüsenhormon und um 7 Uhr das Eisen einnehmen, damit sie um 7:30h frühstücken darf. Wir empfehlen hier die Einnahme des Schilddrüsenhormons in zeitlich regelmäßig gleichem Abstand zum Frühstück. Das Präparat soll am Nachtkästchen in einer Schale gelagert werden und gleich beim Aufsetzen mit einem Glas Wasser eingenommen werden. Eisen kann, morgens eingenommen, ein unangenehmes Empfinden im Magen auslösen. Wir empfehlen die Einnahme eine Stunde vor dem Mittagessen mit einem Glas Orangensaft (Vitamin C hältig) zur besseren Resorption.

Medikationsmanagement führt zu Einsparungen bei Folgekosten

Die mangelnde Therapietreue von Patienten wird als kostenintensives Problemfeld im Gesundheitsbereich gesehen. Nicht oder falsch eingenommene Arzneimittel verursachen bei bestehender Erkrankung Kosten für das gesamte Gesundheitssystem. IMS Health hat errechnet, dass alleine in Österreich Kosten in der Höhe bis zu 2,4 Milliarden Euro eingespart werden können, wenn Medikamente richtig angewendet werden. Medikationsmanagement führt zu einer besseren Therapietreue der Patienten.

Sechs Faktoren sind laut dem renommierten internationalen Institut maßgebliche Ansatzpunkte für eine bessere Versorgung und niedrigere Gesundheitsausgaben. Allen voran eine größere Therapietreue der Patienten: Allein dieser Punkt macht 60 Prozent aus.

Weiters eine zeitgerechte Einnahme bzw. Anwendung von Medikamenten, eine gezieltere Antibiotika-Therapie, das Vermeidung von Medikationsfehlern, der Einsatz günstiger Generika (soweit verfügbar) und ein besser abgestimmtes Medikationsmanagement bei Patienten, die mehrere Arzneimittel benötigen.